Quo Vadis - Änderungen an Maschinen sorgfältig und verantwortungsvoll durchführen

Sie sind Unternehmens-, Betriebs-, Instandhaltungsleiter oder der Entscheider um den Zustand ihres Maschinenparks?

Änderungen an Maschinen werden oftmals ungeachtet (bzw. unbetrachtet) der Konsequenzen der Änderungen für die Sicherheit der Maschinen durchgeführt.

Gerade aber im Umfeld gesetzlicher Forderungen für Maschinen sollte man tunlichst nicht den sogenannten Sorgfaltsnachweis außer Acht lassen!
Vor allem auf Betreiberseite, richtet sich doch diese Forderung in 99,9% der Fälle an den Betreiber der Maschine selber!

Somit sind Änderungen an Bestandmaschinen oder Linienstrukturen, welche hauptsächlich außerhalb des Wissen des eigentlichen Herstellers der Maschine erfolgen, durch den Betreiber selbst beauftragt, durchgeführt und somit auch von diesem zu verantworten.

Wie also einen Sorgfaltsnachweis erbringen?

Die gesetzliche Verpflichtung der Betreiberverantwortung für Änderungen an Maschinen finden wir also im ArbeitnehmerInnenschutz-Gesetz.

Eine solcher Nachweis in Form einer detaillierten Betrachtung wird bei Modifikation an Maschinen im ASchG §35 (2) als Gefahrenanalyse bezeichnet und gefordert.
In dieser Analyse sollen die Änderungen in Bezug auf deren potentielle Gefahren aufgezeigt und Gegenmaßnahmen daraus abgeleitet und dokumentiert werden. Auch bei Linienerweiterungen (dem sogenannten Verketten) gilt laut ASchG §35 (4), die Gefahrenanalyse als probates Mittel seine Verantwortung für die geplante Änderung zu dokumentieren.

Eine Möglichkeit bzw. Methodik und Hilfestellung zur Erstellung einer solchen Analyse bzw. Dokumentation wird in der harmonisierten Norm EN ISO 12100 – Risikobeurteilung und Risikominderung beschrieben!
Es gibt jedoch nicht nur diesen einen Weg, jegliche schriftliche Zusammenfassung der geplanten Handlungen, Auswirkungen und Lösungsgedanken wird der generellen Forderung gerecht – ob Tabelle, Reim oder Prosa – Hauptsache nachweislich!

 Darüber hinaus sollte man in diesem Zusammenhang auch den Umfang der Änderung und dessen Auswirkung auf das „Gesamtsystem Sicherheit“ der Maschine, den einschlägigen grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen laut Maschinenrichtlinie, betrachten / bewerten … mit anderen Worten, ob es sich im Anlassfall um eine „wesentliche Änderung/Modifikation“ handelt.

Nur schon Mal vorweg: Wer seine Maschine so weitgehend verändert, dass die Änderung als „wesentlich“ betrachtet werden muss, der hat somit auch die Herstellerverantwortung gemäß Maschinenrichtlinie (!!) für diese zu übernehmen.

Wann wird nun aber eine „wesentliche Änderung“ im Detail schlagend?

Tja leider, da bleibt nur Eins …. den jeweiligen Fall individuell betrachten und argumentieren!

Leider sind aktuell weder auf europäischer noch nationaler Ebene klare einheitliche Formulierungen hierfür festgelegt.
Es muss, im worst-case, individuell die nationale Rechts- bzw. Interpretationslage für einen Entscheid herangezogen werden:

Beispiele für wesentliche Änderungen

  • Integrations- bzw. Verkettungstiefe (Soft- wie Hardware)
  • Leistungserhöhung (mechanische Belastung)
  • Funktionsänderung (v.a. in Bezug auf Sicherheit)
  • Änderung der bestimmungsgemäßen Verwendung

Es handelt sich hierbei um einen Auszug von Änderungen, die Auswirkungen auf die grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen haben können und im jeweiligen individuellen Fall zu begründen bzw zu entkräften sind!

Auch auf Maschinenrichtline-Ebene (letztlich bedeutet Herstellerverantwortung ja unmittelbar die Maschinenrichtlinie (MRL) anzuwenden) sucht man vergebens nach klaren Definitionen. [EU: Leitfaden zur Maschinenrichtlinie u.a. §72ff].
In Hinblick auf die Ende 2022 ratifizierte Überarbeitung der aktuellen MRL [zukünftige Maschinenprodukte-Verordnung – voraussichtlich ab 2026 anzuwenden] allerdings ein lauer Lichtschein am Ende des Tunnels.

Auszug aus dem Vorschlag für eine Verordnung des europäischen Parlaments und des Rates über Maschinenprodukte


Artikel 2 (16)
„wesentliche Änderung“ bezeichnet eine Änderung einer Maschine … durch physische oder digitale Mittel, nachdem die Maschine … auf den Markt gebracht oder in Betrieb genommen wurde, die vom Hersteller weder vorhergesehen noch geplant wurde und deren Sicherheit durch Schaffung einer neuen Gefahr oder Erhöhung eines bestehenden Risikos beeinträchtigt, was Folgendes erfordert:
                    (i) zusätzliche Schutzeinrichtungen oder Schutzeinrichtungen, deren Verarbeitung das bestehende Sicherheitssteuerungssystem modifiziert, oder
                    (ii) zusätzliche Schutzmaßnahmen, um die Stabilität oder mechanische Festigkeit der Maschine oder des zugehörigen Produkts zu gewährleisten;

… um die Übereinstimmung eines solchen Maschinenprodukts mit den entsprechenden grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen zu gewährleisten, sollte die Person, die die wesentliche Modifikation vornimmt, verpflichtet sein, eine neue Konformitätsbewertung durchzuführen, bevor sie das modifizierte Maschinenprodukt in Verkehr bringt oder in Betrieb nimmt.

Um eine unnötige und unverhältnismäßige Belastung zu vermeiden, sollte die Person, die die wesentliche Modifikation durchführt, nicht verpflichtet sein, Prüfungen zu wiederholen und neue Dokumente in Bezug auf Aspekte des Maschinenprodukts zu erstellen, die von der Modifikation nicht betroffen sind.

 Tja möglicherweise werden Fallbeispiele im zukünftigen Leitfaden zur Maschinenprodukte-Verordnung hier auch noch ein wenig mehr Transparenz schaffen.

Zusammenfassend | Do's and Dont's

  • Achten sie stets auf das Vorhandensein eines schriftlichen Nachweises für Ihre Verantwortung, ungeachtet des Umfangs einer Änderung der betroffenen Maschine.
    Dies gilt vor Allem für den Initiator/Entscheider einer Änderung!!
  • Argumentieren sie gegebenenfalls gem. nationalen Vorgaben/Interpretationen in Hinblick auf eine „wesentliche Veränderung“ und damit der Neukennzeichnungsverpflichtung der Maschine
  • Über all dem haben wir uns laufend die Frage zu stellen: „Ist die Maschine (weiterhin) sicher?“
    Denn vergessen wir nicht:
         Sicherheit kann in eine Maschine nicht hineindokumentiert oder hineinzertifiziert werden …
             … Sicherheit für eine Maschine muss konstruiert werden!

Noch Fragen? Ihr Draht zu uns:

Safety & Security Hotline +431 7986263-555!

Autor

Gerhard Stockhammer, CMSE®

Vice President Business Development Quality & Compliance